Hat der digitale Mensch, der Shopper seine Emotionen etwa doch nicht völlig abgelegt?

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Ein neuer Trend beim Kaufen in Frankreich lässt aufhorchen:

immer mehr der großen Supermarchés, z.B. Carrefour, richten immer mehr sogenannte BLABLABLA CAISSES ein. Kassen, bei denen es nicht wie sonst um weiter gesteigerte Schnelligkeit geht, sondern ganz im Gegenteil, um Menschlichkeit und Emotion. Eher um Entschleunigung also.

Es gibt also doch tatsächlich Menschen, Kundschaft, die für ein kleines, nettes Pläuschchen mit der Kassiererin/dem Kassierer freiwillig auf den Vorteil der schnelleren „Abfertigung“ verzichten.
Ja, sogar ganz bewusst diese Kassen auswählen, um das zu tun. Wer hätte das gedacht in unserer ansonsten so schnelllebigen Zeit, wo es Supermärkte und Selbstbedienung doch gerade wegen der zu erzielenden Schnelligkeit in der Abwicklung gibt.

Und auch das Kassier-Personal kann sich freiwillig zum Dienst an diesen Kassen bewerben. Auch dort gibt es ja Menschen, die die Kunst der Kommunikation zwischen Menschen geradezu beherrschen und lieben und andere, die lieber eher stumm bleiben.

Hier gibt es keinerlei Eile beim Kassieren, jeder in dieser Warteschlange weiß das und akzeptiert es. Irgendwann ist er ja selbst an der Reihe und kann den Vorteil genießen. Vielleicht ergibt sich unter Gleichgesinnten ja auch schon in der Warteschlange die eine oder andere nette Konversation. Und die Märkte arbeiten so ganz nebenbei ein gutes Stück am Aufbau einer ganz neuen Kundenbindung.

Gibt es etwa eine Renaissance der Emotionen beim Shopping - sogar im LEH?

Immerhin kommt diese Entwicklung wohl bei vielen Kundinnen und Kunden äußerst gut an, jedenfalls schon mal in Frankreich. Ziehen andere Länder nach?

Einmal mehr eine Bestätigung unserer Erfahrung, dass der Shopper sich in all den Jahren, seit Beginn der Märkte im Mittelalter, nicht wirklich verändert hat und das auch nicht wirklich vorhat.
Der Mensch ist Mensch und bleibt Mensch. Tief in seinem Innersten. Allen Unwägbarkeiten, allen Höhen und Tiefen seiner Umwelt zum Trotz.

Sogar die aktuelle Pandemie hat es nicht geschafft, die Menschen „einzusperren“, der Drang nach Freiheit, nach Emotionen, nach Geselligkeit ist einfach zu groß. Natürlich gibt es einen nicht unerheblichen Prozentsatz an Menschen, die sich erst einmal anpassen, die lieber ohne aufzufallen mit der Masse schwimmen. Im täglichen Leben und auch in den Einkaufstempeln.

Aber irgendwann bricht bei einer wachsenden Bevölkerungsgruppe der Wille zur Individualität und Selbstbestimmung hervor, und sei es wie hier erst einmal nur an der Kasse im Supermarkt.

Derart "wiedergeborene" gefühlsbetonte Menschen, Shopper, Lebenshungrige erwarten bald neue Geschäfte mit neuer, emotionaler Shopper-Ansprache, sei es durch die Produkte selbst als auch durch deren Präsentation, sei es durch ein neues Laden-Ambiente oder neue Shopping-Konzepte. Eine starke Wiedergeburt ("Renaissance"- ebenfalls aus dem Französischen wie diese Kassen) des stationären Handels kann allen helfen, dieser Käuferschaft, dem Handel und den Marken.   Nur auf digital zu setzen, geht am Ziel, an diesen emotionalen Menschen eindeutig vorbei. 

Jetzt, wo so langsam die Restriktionen der Corona-Politik aufgehoben werden, ist es an der Zeit, diese Veränderungen im Handel zu verwirklichen - gemeinsam mit den Marken - es gibt viel zu tun, BLABLABLA-KASSEN sind ein vielversprechender Anfang!

Wolfgang Eisenberg ist Inhaber der eisenberg Agentur für Shopper-Marketing und Autor des Buches „Läden in der (Corona-)Krise“ https://eisenberg-trademarketing.de/index.php/das-buch  in dem er seine 40jährigen Erfahrungen im Bereich POS- und Shopper-Marketing dokumentiert hat. Foto: 20min.ch

 

 

 

 

 

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